Die Association Romande des Assistantes Médicales ARAM, die Hausärzte Schweiz, der Schweizerische Verband Medizinischer Berufsschulen svmb, der Schweizerische Verband Medizinischer Praxis-Assistentinnen SVA und die Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH haben gemeinsam eine Weiterbildungsstufe für Medizinische Praxisassistentinnen in der Form einer Berufsprüfung mit eidgenössischem Fachausweis erarbeitet. Nachdem der BSMPA seine Einsprache beim Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI zurückgezogen hat, ist die Prüfungsordnung am 5. Februar 2015 in Kraft getreten. Die erste Berufsprüfung findet anfangs Dezember 2015 statt.
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Berufsbilder
Für die Medizinische Praxiskoordinatorin sind zwei Einsatzbereiche vorgesehen. Entsprechend dazu wird die Prüfung in zwei Fachrichtungen abgenommen.
1. Medizinische Praxiskoordinatorin/Medizinischer Praxiskoordinator klinischer Richtung
Medizinische Praxiskoordinatorinnen oder Medizinische Praxiskoordinatoren Klinischer Richtung arbeiten in einer Arztpraxis und betreuen unter der Verantwortung einer Ärztin oder eines Arztes Menschen mit einer oder mehreren chronischen Krankheiten. Dabei erfassen sie die aktuelle Lage der Patientin oder des Patienten, planen gestützt auf evidenzbasierte Vorgaben die weitere Betreuung, fördern ihre oder seine Selbsthilfekompetenz und die Pflegekompetenz der Angehörigen, koordinieren Leistungserbringer und erleichtern den Zugang zu den kommunalen Ressourcen. Sie kennen die wichtigsten Aufgaben und Handlungskompetenzen der Fachpersonen im Gesundheitswesen und respektieren ihre eigenen fachlichen und beruflichen Grenzen.
Bei Krankenkassen und Versicherungen können sie als Gruppenleiterinnen oder Gruppenleiter im Rahmen des Case Managements zum Einsatz kommen.
2. Medizinische Praxiskoordinatorin/Medizinischer Praxiskoordinator praxisleitender Richtung
Medizinische Praxiskoordinatorinnen oder Medizinische Praxiskoordinatoren Praxisleitender Richtung verbinden klinisch-medizinische Erfahrung mit Geschäftsführungs-Knowhow. Sie arbeiten in einer Kaderfunktion und sind in einer Arztpraxis mit dem selbständigen Führen des Personals und des Personalwesens, des Einkommensmanagements, des Praxismarketings und der Qualitätssicherung betraut. Bei Krankenkassen und Versicherungen können sie als Gruppenleiterinnen oder Gruppenleiter im Rahmen des Case Managements zum Einsatz kommen.
Bedürfnis
Mit dem Erwerb des Fachausweises erhält die MPA erstmals die Gelegenheit, auch formell mit einem eidgenössisch anerkannten Abschluss aus der bildungssystematisch vorgegebenen und traditionellen subalternen Position aufzusteigen und sich dabei gleichzeitig neue Möglichkeiten der beruflichen Mobilität zu erschliessen. Eine Erweiterung der Kompetenzen der Praxiskoordinatorin im klinischen Fach zielt auf die selbständige Beratung von Langzeitpatienten in Bereichen, wo die ärztlichen Qualifikationen nicht zwingend gefordert sind. Damit wird der Einsatz der Praxiskoordinatorin klinischer Richtung bei Hausärztinnen und Hausärzten interessant. Die Verhandlungen mit Behörden und Versicherern mit dem Ziel, für MPK Beratungsleistungen abrechnen zu können, laufen.
Die Trägerschaft stellt in der zunehmenden Zahl von Gruppen-, Grosspraxen und Ärztenetzwerken ein steigendes Bedürfnis nach Leaderpersonen im Praxisteam fest. Gesucht sind Personen mit Führungs- und Managementqualitäten, die es den Praxisinhabern erlauben, sich von administrativen und organisatorischen Aufgaben zu entlasten, damit sie sich primär ihrer eigentlichen Berufsfunktion als Ärztin oder Arzt zuwenden können.
Modulare Ausbildung
Die zur Prüfung führende Ausbildung wird in Modulen von in der Regel 40 bis 60 Lektionen vermittelt. Sie beinhaltet einerseits auf die Grundbildung der Medizinischen Praxisassistentin aufbauende klinische Module und andererseits weiterführende Module im Bereich des Praxismanagements und der Personalführung. Die Prüfung besteht modulübergreifend aus der Erarbeitung einer Fallstudie, der Vorstellung der Studie, einem Fachgespräch und einem schriftlichen Teil. Der Modulbesuch kostet inkl. Prüfungsgebühren – ohne Anrechnung von allfälligen kantonalen Unterstützungsbeiträgen – rund CHF 10‘000.
Zulassung zur Berufsprüfung
Zur Abschlussprüfung in der Klinischen Richtung wird zugelassen, wer
a) ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis als Medizinische Praxisassistentin oder Medizinischer Praxisassistent, ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis als gelernte Medizinische Praxisassistentin oder gelernter Medizinischer Praxisassistent, ein Arztgehilfinnen-Diplom DVSA mit Röntgenberechtigung Thorax/Extremitäten besitzt oder über eine andere äquivalente Ausbildung der Sekundarstufe II oder der Tertiärstufe mit Röntgenberechtigung Thorax/Extremitäten verfügt;
b) über eine Berufspraxis von mindestens 3 Jahren nach Abschluss der beruflichen Grundbildung in allen Arbeiten der Arztpraxis gemäss Verordnung über die berufliche Grundbildung der Medizinischen Praxisassistentin/Medizinischer Praxisassistent verfügt;
Zur Abschlussprüfung in der Praxisleitenden Richtung wird zugelassen, wer
a) ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis als Medizinische Praxisassistentin oder Medizinischer Praxisassistent, ein Eidgenössisches Fähigkeitszeugnis als gelernte Medizinische Praxisassistentin oder gelernter Medizinischer Praxisassistent, ein Arztgehilfinnen-Diplom DVSA besitzt oder über eine andere äquivalente Ausbildung der Sekundarstufe II oder der Tertiärstufe verfügt;
b) über eine Berufspraxis von mindestens 3 Jahren nach Abschluss der beruflichen Grundbildung in allen Arbeiten der Arztpraxis oder einer vergleichbaren Arbeitsstelle verfügt;
Für beide Richtungen gilt als Zulassungsbedingung, dass die Kandidatin oder der Kandidat
a) einen Kurs für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner absolviert hat;
b) über die erforderlichen Modulabschlüsse bzw. Gleichwertigkeitsbestätigungen verfügt.
Module
Folgende Modulabschlüsse resp. Gleichwertigkeitsbestätigungen müssen für die Zulassung zur Abschlussprüfung vorliegen:
a) Klinische Richtung
Pflichtmodule
– Chronic Care Management (Basismodul I)
– Chronic Care Management (Basismodul II)
– Qualitätsmanagement in der Arztpraxis
– Beratung von Langzeitpatienten – Diabetes
Zwei der folgenden Wahlpflichtmodule
– Beratung von Langzeitpatienten – Rheuma
– Beratung von Langzeitpatienten – Atemwegserkrankungen
– Beratung von Langzeitpatienten – Koronare Herzkrankheit/Herzinsuffizienz
– Hirnleistungsschwäche
– Wundbehandlung
– Dosisintensives Röntgen
b) Praxisleitende Richtung
Pflichtmodule
– Chronic Care Management (Basismodul I)
– Chronic Care Management (Basismodul II)
– Qualitätsmanagement in der Arztpraxis
– Praxismanagement
– Personalführung
Eines der folgenden Wahlpflichtmodule
– Rechnungswesen
– Vertiefte EDV-Kompetenzen für die Arztpraxis
– Wiederaufbereitung von Medizinprodukten
– Dosisintensives Röntgen
Alle Module werden in der Deutschschweiz und in der Westschweiz von verschiedenen Bildungsanbietern angeboten, im Tessin sind die Entwicklungsarbeiten im Gang. Wer bereits vor Inkrafttreten der Prüfungsordnung eines der von der OdA zum Modulbaukasten der Prüfung ausgewählten Module besucht hat, kann damit rechnen, dass sein Lehrgang an die Prüfung angerechnet wird. Damit gehen keine Bildungsleistungen verloren. Die Modulanbieter, Bildungsinstitutionen und Verbände müssen ihre Module und sich selbst als Modulanbieter bei der OdA zertifizieren lassen.
Refresherkurse
Da die Gültigkeitsdauer der Modulabschlüsse generell auf fünf Jahre limitiert ist, werden einzelne Modulanbieter für die Teilnehmerinnen an früheren Lehrgängen mit abgelaufenem Gültigkeitsdatum Refresherkurse anbieten, damit das Gültigkeitsdatum des Modulabschlusses für die Zulassung zur Berufsprüfung erneuert werden kann. Bei welchen Modulen der Besuch von Refresherkursen nach Ablauf der Gültigkeitsdauer überhaupt verlangt wird, entscheidet die OdA aufgrund der Tatsache, wieweit die Modulinhalte nach Ablauf der Fünfjahresfrist als veraltet gelten müssen (z.B. neue Forschungs- und Praxiserkenntnisse im Diabetes).
Gleichwertigkeitsverfahren
In der Bildungslandschaft rund um den Beruf der Medizinischen Praxisassistentin sind in den letzten Jahren viele Weiterbildungsgefässe angeboten worden, die inhaltlich ganz oder teilweise den definierten Modulen entsprechen. Vergleichbare Bildungsleistungen sollen grundsätzlich angerechnet werden können. Die Qualitätssicherungskommission wird in jedem Einzelfall in einem Gleichwertigkeitsverfahren überprüfen, ob eine Anrechnung stattfinden kann oder nicht.